Weihnachtstraum

Ich wär so gern am Mittelaltermarkt ein Gast.

Am offenen Feuer lade ich ab meine Last.

Wärme mit Chai, dem Milchtee mein Gemüt,

während das Feuerchen wärmt und glüht.

Der Glühwein heißt hier gewürzter Wein,

wird serviert im Trinkhorn fein.

Dazu ein Handbrot gefüllt,

das auch den größten Hunger stillt.

 

Die Waffenschmiede hat Hochkonjunktur.

Der Knabe liebt das Schwert, kennt er doch nur

aus Erzählungen die Kriege

und träumt von Siege.

Die Mädchen schmücken sich mit Tand:

Pelz, Bändereien und an der Hand

ein Ringlein,

klein und fein.

Am Schmuckstand hält Einzug die Gegenwart,

in Form eines Kartenlesegerätes, welches erspart

das Münzenzählen –

Bargeld oder Karte, ihr könnt wählen.

Im handbetriebenen Riesenrad

sitzen kleine Kinder brav und apart,

fahren jauchzend viele Runden

und sind dann Richtung Bühne verschwunden.

Cloundame und Weihnachtself

treffen jeden Kindernerv

und entlocken Kindern lautes Lachen,

mit ihren verrückten Sachen…

 

Der Platz dies Jahr leer,

keine Buden mehr.

Das Lachen verklungen,

Feuerzauber im Internet verschwunden.

Nur ein einzelner Baum weit und breit,

ein Symbol der Einsamkeit?

Noch ist kein weiterer Baum zu sehen

und ich kann um ihn herum gehen,

und träume,

von Mittelaltermarkt im Glanze tausender Weihnachtsbäume.

 

 

Nachrichtenfasten

Flink, dein Radio schalt ein,

wie viel Terror darf es heute sein?

 

Nachrichten alle 30 Minuten.

Da darf das Gehirn sich sputen,

all das Gehörte zu erfassen.

Schlechte Nachrichten in Massen

prasseln auf uns ein

und ich frage mich: „Wieviel Terrormantra darf es für mich sein?“

 

Soll ich mich wirklich damit belasten?

Nein, ich mache Nachrichtenfasten.

Ich will nicht kollektiv mitleiden,

mich an anderer Schmerz und Trauer weiden.

Meine Tränen nicht mit fremden Tränen vermischen.

Kein Leben führen zwischen

Empörung, Panik und Entsetzen.

Ich will mich nicht vernetzen

mit dem Terror der Welt –

weil es mir nicht gefällt

nur schlechte Nachrichten zu hören.

Gute Nachrichten dürfen mich immer stören!

Allerlei Zauberei

Draußen zaubert nun der Herbst, mir den vollen Kopfe frei

und Tag für Tag einfach so, noch nebenbei

die bunten Blätter von den Bäumen.

Im leergefegten Kopf nun meine Träume

vergeblich den Winterzauber suchen,

doch dieser ist in diesem Jahr, scheinbar nirgendwo zu buchen.

Auch der Weihnachtszauber wohl sehr spärlich,

schwindet Jahr für Jahr, langsam so allmählich.

Die weihnachtlichen Budenstädte von Zauberhand hinweg gefegt,

die Plätze dunkel und unbelebt.

Mit Wortklauberei der Melchior hinweg gezaubert.

Bei Künstlern und Zauberern man wohl noch zaudert…

Die heiligen Drei Könige nun ein Pärchen,

erzählen sich ein Weihnachtsmärchen.

 

Vom herunter- und hochfahren der Kultur und des Lebens

Gedanken schwirren durch meine Synapsen.

Sie erzählen von monatelangem Fasten,

andere schreien schon vor Hunger:

„Kulturstätten geschlossen!!!“ Mein Kummer.

Nun ist wieder alles heruntergefahren,

um unsere Gesundheit zu bewahren.

Wir werden behandelt wie Maschinen,

dies soll unserer Gesundheit dienen?

Es klingt mir fast wie Hohn –

wenn du jetzt brav, im Frühjahr Kultur, dein Lohn.

Wozu jetzt Kultur, du sollst shoppen geh’n.

Niemanden besuchen und ihm in die Augen seh’n.

Kaufe artig und fein

Weihnachtsgeschenke ein.

Und es wird dir angeraten,

kaufe den „eine Portion Weihnachtsgänsebraten“,

denn Weihnachten sitzt du in deinem Einzimmerloch…

Ich schreie: „Ja geht’s denn noch…!“

Geht es denn nicht noch etwas schriller,

vielleicht ein tanzender Clown als Pausenknüller?

Wir Kulturschaffende, wir sind kein Ding

mit irgendwelchen Schaltkreisen darin.

Wir sind Menschen, welche hart arbeiten,

um eure Freizeit sinnvoll zu gestalten.

Wir sind keine Roboter, die euch dienen,

wie Playstation, Fernseher und andere Freizeitmaschinen.

Wir sind Menschen, aus Fleisch und Blut –

brutales Abschalten tut uns nicht gut.

Denn wer nicht tanzt, geht stumm zu Grunde.

Wer nicht schreibt, geht weinend vor die Hunde.

Ohne Musik und Gesang keine fröhlichen Zeiten –

soll dies nun so bleiben???

Im Frühjahr dann die Kulturexplosion…

Doch womit? Denn tot ist sie ja schon.

Will man versuchen, ob der klägliche Rest

sich dann wiederbeleben lässt?

Was soll bis dahin mit all den Menschen geschehen,

die vor oder hinter dem Vorhang stehen?

Und die Menschen, welche arbeiten in Restaurants, Kinos, Bars und Diskotheken –

sollen sie um Sozialhilfe betteln gehen?

Die Kultur am Tropf der Politik,

im Winter erstickt, ihr Tod abgenickt

und im Frühjahr wieder hochgefahren oder aufgepumpt…

Zu spät, alles verstummt.

Es gibt ka Kärwaliedla mehr.

Ein Instrument zu erlernen, per Internet zu schwer.

Sänger*in und Schauspieler*in haben Melodie und Text vergessen.

Keine Köchin oder Koch zaubern euch mehr ein Abendessen.

Tänzer hüpfen im Werbeblock.

Andere tragen deine Pakete in den vierten Stock.

Den Schriftstellern es nun ergeht,

wie in „Spitzwegs armen Poet“.

Die Liste ist unendlich lang.

Es wird uns allen Angst und Bang –

und niemand hat dann mehr Zeit,

euch zu trösten in eurem Leid.

Niemand wird mehr unsere Seelen erheitern.

Wir werden daran scheitern,

wenn wir glauben, dass Kultur verzichtbar sei –

denn Kultur macht frei.