Viel zu lange unbenutzt

Heute will ich mit gutem Gefühl

mich hinein stürzen ins Buchstabengewühl.

Hier im Setzkasten ist es kuschelig.

Manche Buchstaben schon etwas muffelig.

Es sind jene, welche zu lange unbenutzt.

Ich habe sie etwas abgeputzt

und bilde nun mit ihnen einen Satz:

„Ypsilon, du nervst mach Platz.“

Zuerst das X im Alphabet,

das vor dem Ypsilon steht.

Beide sind ja arme Schlucker.

Nur wenige Worte findet einen Drucker

für sie im Text.

Das wird demnächst

Auch nicht besser, außer ich helfe etwas nach

und bringe den Einen oder Anderen an den Tag.

 

Zum x-tenmal darf ich heute schreiben.

Das Ypsilon möchte das X begleiten.

Wahrscheinlich

wird’s peinlich

oder Schwachsinn,

Hauptsache voll Sinn.

Den Joghurt kenne ich auch so,

nicht immer macht das Joghurt froh.

Welche Schreibweise ist wo beliebt?

War Schreibfanatiker in den Wahnsinn Trieb.

Ich habe im Duden gesehen,

dass Y und J oft gemeinsame Wege gehen.

Mit Yacht und Jacht

wächst mein Verdacht,

dass das Ypsilon nicht von hier wäre…

Nur Fremdwörter geben sich hier die Ehre.

 

Das X

kann nix bedeuten

oder beim Lotto alles!

In den Müll gefallen es

oder fällt es nicht???

6 aus 39 bringt es zum x-tenmal an’s Licht.

Dann kauft der Xaver,

x-fach Säcke Hafer

für sein Pferd,

das x-mal so viel wert.

Das X darf x-förmig den Gedankenstrich begleiten.

Auch tanzen beide x-mal durch die Weiten

der sprachlichen Kunst.

Ich hab‘ den Text nun ganz verhunzt

und doch noch zwei Wörter gefunden,

in denen beide miteinander verbunden sind.

Das Xylophon

hat mit seinem Ton

mich schon immer sehr entzückt

und war mein erstes Instrument, ich war beglückt.

Mit Xylit habe ich einst meinen Kaffee gesüßt,

x-fach die falsche Dosierung gebüßt,

mit grauslichem Geschmack –

in die Tonne damit, Zack Zack!

Die Xanthippe lacht,

wünscht euch eine gute nacht.

X-beinig stampf‘ ich von dannen,

mein Schutzengel hat zu gähnen angefangen.

Die Musik ist zu Ende, die CD steht still.

ich will

mein Bett besuchen

und träume vom Sonntagskuchen.

 

Die Strichliste

Rote Lichter blinken, Hupen plärren,

dass einem Aug‘ und Ohren brennen.

 

Das Hälschen knirscht, der Kopf rollt schon

auf dem naßglänzenden Straßenbelag davon.

Der Busfahrer zeigt ein unschuldiges Gesicht:

„Automatische Türe, ich war das nicht.“

Und schon,

rollt der Bus eilig davon.

 

Automatisch öffnet sich der Ausstieg.

Es ist still und freudig

geh‘ ich auf die Tür zu,

welche mir im Nu

eine Ohrfeige serviert.

Erschrocken und wie der Pavlosche Hund dressiert,

drücke ich den Öffnungsknopf: Tür auf, Versuch Nummer zwei.

Kein Warnsignal! Und dabei

umarmt mich schmerzhaft die Tür…

Der Busfahrer kann nichts dafür.

Automatische Schließfunktion und schon,

fährt der Bus eilig davon.

 

Nun schrie ich vor Schmerzen an der Haltestelle.

Blicke in die Busfenster noch auf die Schnelle.

Keiner bemerkte das Geschehen,

alle haben in ihr smartes Phone gesehen.

Ich, das Problem nun ausgestiegen,

wir haben es eilig, lass‘ mer’s liegen.

Wenn ich nur wüsste, wer dort am Steuer:

Mensch oder automatisches Ungeheuer.

 

Rote Lichter blinken, Hupen plärren,

dass dem Fahrgast Aug‘ und Ohren aus dem Kopfe quellen.

 

Das Hälschen knirscht, der Kopf rollt schon

auf dem von der Sonne beschienen Straßenbelag davon.

Der Busfahrer schüttelt sein unschuldiges Gesicht:

„Automatische Türe, ich war das nicht.“

Und schon,

fährt flink der Bus davon.

 

Am Laternenpfahl, etwas verborgen,

hat jemand am Morgen

einen Zettel angebracht

und in der Nacht

ziert eine Strichliste das Papier:

„Gestern fünf, heute vier.“

 

Sonnenniedergang

Ich bin durch die Stadt spaziert und nun platt wie eine Flunder.

Schau müde aus dem Fenster, die Sonne geht unter.

Eigentlich ist es ein Niedergang,

leuchtend rot am Horizont entlang.

Bevor hier die Nacht bricht,

entfaltet sich eine ungeahnte Farbenpracht.

Jeden Tag auf’s neu,

gerne sie treu

uns am vielen Abenden,

wenn wir draussen

sind oder am Fenster stehend den Himmel betrachten.

Niemals dachten

wir, das Schauspiel sei langweilig.

Noch heute habe ich es nicht eilig

mich zu entfernen.

Ich warte, um den Sternen

einen Gruß zu winken

und immer winken sie zurück und blinken.

Jeden Abend, auf der Insel Keywest,

stille Ehrfurcht bis der Rest

des Sonnenlichts im Meer versunken, Applaus und Brandung sich vereinen.

Egal was ist in dieser Welt,

beim Sonnenniedergang bin ich mit mir im Reinen.

 

Duftendes Glück

Neulich trat ich ganz, ganz leise,

Mal wieder in die Hundescheiße.

Dies bringe Glück las ich einstmal.

Doch der Gestank ist eine Qual.

Versteckt im tiefen weichen Blätterteppich,

verzierte sie meine Schuhspitze neckisch

und auch das Oberleder dazu.

Ich suchte eine Bank im Nu.

Meinen Schuh,

notdürftig gereinigt mit Spucke und Taschentuch,

stieg ich dann in den U-Bahnzug.

Ich stank und miefte vor mich hin,

dies bemerkte keiner dort drin.

Zuhause wusch und putzte ich meine Schuh‘,

bis sie duftenden und glänzten im Nu.

…und ich wünsche mir dabei ganz leise:

„Ein anderer möge treten in die Scheiße.“

 

Nun ist es mir zum ersten Mal passiert, dass ich einen Beitrag 2x schrieb. Sollten Sie „Nachtleben“ suchen, Sie finden es im Archiv Oktober 2021 unter dem Titel „Nachteule“. Viel Vergnügen.

 

 

Schreibfaul

Heute war ich faul.

Ließ wie ein alter Gaul

die Zeit an mir vorbei ziehen,

ohne nach der Uhr zu schielen.

Das tat gut.

Es erfordert Mut,

einmal nicht nach Leistung zu streben

und dafür Ruhe zu erleben.

Auch als Rentner,

ist man irgendwo noch Pendler,

ein Rädchen in irgendeinem Getriebe,

dem man manchmal lieber fern bliebe.

 

Zwischen zwei Projekten

steckten

früher nur ein paar Minuten

Im Akkord musste ich mich sputen.

Jahre später im Vorlagensatzbüro der Werksdruckerei,

bekam man manchmal auch eine Stunde frei.

So habe ich heute nichts herbei gewunken.

Ein paar Tröpfchen Prosecco getrunken

und nun tropft alles an mir ab,

wie von einem Lotusblatt.

 

Am Sonntag beginnt die Woche von vorn.

Gott trötet wieder in sein Horn

und die Glocken läuten.

Zeit für neue Aufgaben und neue Freuden.

Winke, winke,

trinke nun Tinte

und esse ein leeres Blatt als Abendbrot.

Ich bin hungrig, Eile tut Not.

Genieße dann brav

ein wenig Schlaf

und finde morgen dafür

ein paar Buchstaben auf dem Klopapier.